Am 14. Juni ist es wieder soweit: Frauenstreiktag, neu Feministischer Streik. Streik ist das ultimative Mittel der Verweigerung. In der heutigen Schweiz, trifft es das?
Wir Frauen haben in den letzten Jahrzehnten vieles erreicht und darauf dürfen wir stolz sein. Zugang zu hervorragender Bildung, das Frauenstimmrecht, ein modernes Eherecht, gesetzlich verankerte Gleichstellungsziele, ein wachsendes Bewusstsein für Lohngerechtigkeit und nicht zuletzt der klare Anspruch auf körperliche Integrität und Selbstbestimmung. Auch im Denken und Handeln vieler Männer hat ein Wandel stattgefunden: Gleichstellung ist heute mehr als ein politisches Ziel – sie ist eine gesellschaftliche Haltung, sie ist zur Normalität geworden.
Doch die Arbeit ist nicht fertig. Noch sind die Lohnunterschiede zu gross, die Care-Arbeit mehrheitlich bei den Frauen und wichtige Ämter noch nicht ausgewogen besetzt. Zudem müssen wir wachsam bleiben, denn ein Blick über unsere Landesgrenzen zeigt, wie schnell Rechte, die heute selbstverständlich erscheinen, wieder unter Druck geraten können. Gleichstellung ist keine Garantie – sie ist ein fortlaufender Auftrag.
Denn jetzt sind wir Frauen gefragt. Es liegt an uns, die Chancen, die uns offenstehen, zu ergreifen. Noch immer erleben wir, dass Frauen sich selbst unterschätzen und zögern, verantwortungsvolle Rollen in Wirtschaft und Öffentlichkeit zu übernehmen. Darum mein Appell an uns alle: Wenn wir fähig sind, dann müssen wir bereit sein, solche Rollen zu übernehmen. Nicht morgen. Heute!
Kritik – auch an Frauen – gehört in einer freien Gesellschaft dazu. Problematisch wird es, wenn die Kritik am Geschlecht ansetzt und nicht an der Sache. Wer Frauen grundsätzlich weniger zutraut oder sie übermässig kritisiert, weil sie Frauen sind, zeigt vor allem eins: einen Emanzipations-Rückstand bei sich selbst. Das ist nicht schön – aber auch nichts, wovon wir Frauen uns einschüchtern lassen sollten.
Einen Streik braucht es in der Schweiz im Moment nicht. Was es braucht, sind Frauen, die sich etwas zutrauen und den Mut haben, es dann auch tun. Vielleicht sollten wir den 14. Juni künftig Frauen-Chancen-Tag nennen. Das wäre ein starkes Zeichen für unsere Schweiz und unsere Zukunft.
Zugerwoche
